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Briefe zwischen Guatemala und Deutschland: Eine Familienkorrespondenz aus der Zeit des Nationalsozialismus (1935-1939)

Third-party funded project

Key information

Duration:

01.11.2023 - 31.03.2026

Status: Ongoing

Sponsors:

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Project group:

Academics:

IAI employees:

  • Toni Matzdorf
  • Christina Billand
  • Ariane Herms

Description

Starting point

Im Jahre 2017 erwarb das IAI einen Nachlass, der aus ca. 350 Briefen und Postkarten und einem Fotoalbum besteht. Die Objekte stammen aus dem Besitz von Carlos Becker, der 1935 als 18jähriger aus Guatemala, wo seine Familie lebte und er geboren worden war, nach Hamburg kam, um eine Berufsausbildung zu absolvieren. 

Carlos Becker war der Empfänger dieser Briefe und Postkarten. Fast alle diese Objekte erhielt er von seinen Eltern, Geschwistern und Freunden aus Guatemala zugeschickt; einige wenige stammen von anderen Mitgliedern seiner Familie und Bekannten in Deutschland. Ein Teil der Korrespondenz aus Guatemala liegt in spanischer, ein anderer Teil in deutscher Sprache vor. Auch Wechsel in der Sprache innerhalb eines Briefes sind häufiger zu finden, ebenso Briefe, die sich aus Textteilen mehrerer Verfasser:innen zusammensetzen. Der erste Brief des Konvoluts ist auf den 15. Juli 1935 datiert, der letzte stammt vom 14. September 1939.

Die Briefe und Postkarten, die Carlos Becker nach Guatemala verschickte, liegen nicht vor. 

Das Fotoalbum scheint Carlos Becker mit einigen Fotografien seiner Familie bereits aus Guatemala mitgebracht zu haben. Er ergänzte es um Fotos, die seine Familie der Korrespondenz an ihn beilegte und um Fotos, die in seinem neuen Lebensumfeld in Hamburg entstanden.  

Schon vor dem Ersten Weltkrieg lebten circa 1.000 Menschen, die aus deutschsprachigen Territorien stammen, in Guatemala. Ein großer Teil von ihnen war in der Landwirtschaft tätig, wobei der wichtigste Wirtschaftszweig der Kaffeeanbau war. Der Vater von Carlos Becker betrieb jedoch eine Bananenplantage und lieferte an die United Fruit Company. Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg nahmen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Familie Becker. Aufgrund des Militärdienstes, den Carlos Becker in Deutschland nach Beendigung seiner Ausbildung absolvierte, verlor er seine guatemaltekische Staatsangehörigkeit. Eine Rückkehr nach Guatemala war damit erschwert und der letzte Brief des Konvoluts drückt die Besorgnis des Vaters nach dem Verbleib von Carlos Becker aus, da der Kontakt unterbrochen war.

In den Briefen der Familie Becker aus Guatemala wird vom Alltag in der sogenannten „deutschen Kolonie“, von den wirtschaftlichen Erfolgen und Misserfolgen, sowie von Zukunftsplänen berichtet. Auch das politische Geschehen in Deutschland und in Guatemala erfährt in den Briefen ausführlich Erwähnung. Ein weiteres wichtiges Thema der Briefe sind Fragen der multiplen Identitäten und Zugehörigkeiten zwischen zwei Kontinenten (u.a. unterschiedliche Sprachen, kulturelle Praktiken und Normen, Repräsentationen). Hier bestehen interessante Bezüge zu gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika.  

Das Briefkonvolut und das Fotoalbum bilden die Grundlage des Forschungsprojektes.

Objectives

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit dem Ansatz der Mikrohistorie neue Erkenntnisse über die Wahrnehmung und die Auseinandersetzung deutschsprachiger Migrant:innen in Guatemala mit dem Nationalsozialismus und zu Fragen der Identität zwischen zwei Kontinenten zu erlangen. Damit soll insgesamt ein Beitrag zur Erforschung historischer Migrationsprozesse und der Rückbindung von Migrant:innen an ihr Herkunftsland geleistet werden. Dabei werden auch die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika aufgegriffen. 

Work plan

  • 11/23 - 02/24 Transkription der Briefe und Postkarten
  • 03/24 - 04/24 Einarbeitung in die Software ediarum
  • 05/24 - 02/25 Recherchen in Archiven und Bibliotheken, Systematisierung und Analyse der Information mit dem Ziel der wissenschaftlichen Kommentierung und Kontextualisierung der Briefedition, Erstellung des Kommentarapparats, Identifikation und Einwerbung von einführenden wissenschaftlichen Beiträgen für die gedruckte und elektronische Ausgabe der Edition
  • 03/25 - 05/25 Endredaktion des Manuskripts
  • 06/25 - 09/25 Vorbereitung eines wissenschaftlichen Kolloquiums, Teilnahme mit Vorträgen zum Projekt an nationalen und internationalen Tagungen
  • 10/25 Durchführung eines virtuellen wissenschaftlichen Kolloquiums zur historischen transatlantischen Migration mit Wissenschaftler:innen aus Lateinamerika und Europa und Präsentation der wissenschaftlichen Edition der Briefe

Meilensteine

  • Präsentation der Ergebnisse des Projektes auf der 70. Jahrestagung der SALALM (Seminar on the Acquisition of Latin American Library Materials) 2025 und dem 55. Deutschen Historikertag 2025
  • Publikation der wissenschaftlichen Edition des Briefkonvoluts in virtueller und konventioneller Form
  • Durchführung eines virtuellen wissenschaftlichen Kolloquiums mit Teilnehmer:innen aus Lateinamerika und Europa zu Fragen der historischen Migration und Identität zwischen Deutschland und Zentralamerika

Expected results

Die Edition der Briefe der Familie Becker leistet aus der Perspektive der mikrohistorischen Forschung einen Beitrag zur Geschichte der Migration und Remigration im 20. Jahrhundert zwischen Deutschland und Guatemala. Bei der Forschung zu biographisch orientierten historischen Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika standen die Länder Zentralamerikas bislang selten im Zentrum der Untersuchungen. Das Projekt wird hierzu neue Erkenntnisse liefern.  

Die Publikation, die Präsentation der Ergebnisse auf nationalen und internationalen Tagungen, sowie die Durchführung eines virtuellen Kolloquiums werden das Quellenmaterial bekannt machen, zu interdisziplinären Diskussionen anregen und neue Kooperationen fördern. 


Products

Presentations

  • Migración e identidad entre Guatemala y Alemania: una correspondencia familiar polifónica en el tiempo del nacionalsocialismo (1935-1939)

    Musser, Ricarda (27.11.2024), Congrès international Réseaux de  correspondances dans les mondes ibériques et ibéro-américains (XVIIIe-XIXe-XXe siècles), Université Toulouse Jean Jaurès, 27.-29.11.2024 

  • Letters between Guatemala and Germany: A Family Correspondence from the Time of National Socialism (1935-1939)

    Musser, Ricarda, (10.06.2024), SALALM LXIX, Tulane University, New Orleans, 08.-12.06.2024

Publications

Musser, R.: Migración e identidad entre Guatemala y Alemania: Una correspondencia familiar en el tiempo del nacionalsocialismo.

In: Buck Kachaluba, S. / Arbino, D.: Buen provecho: Celebrating and Exploring the Richness of Latin American, Caribbean, and Latinx Food and Drink. Seminar on the Acquisition of Latin American Library Materials, 2024, 47-59.

Exhibitions

Zeit & Zeitlichkeit (Forschungscampus Dahlem, Denkraum, 19.09.2024-27.02.2025)

Eine Pultvitrine zu wesentlichen Aspekten des Projektes und der Quellen