Ibero-Amerikanisches Institut
Preussischer Kulturbesitz


Dachansicht von Weitem




Laufende Projekte

Rolle der Drittmittel für das IAI

Konsolidierung einer postklassischen Plattform in Dzehkabtún, Campeche. © IAI, 2013 Postklassische Plattform © IAI, 2013

Drittmittel sind ein wichtiges Instrument zur Stärkung und Weiterentwicklung der Kernbereiche des IAI – Bibliothek, Forschung und Kultur – und für die nationale und internationale Vernetzung des Instituts. Wir führen ein breites Spektrum an Drittmittelprojekten durch. Darunter sind z.B. der Fachinformationsdienst „Lateinamerika, Karibik und Latino Studies“, die formale Erschließung und wissenschaftliche Bearbeitung von Nachlässen, sozial- und geisteswissenschaftliche Forschungsprojekte und die Durchführung von internationalen Tagungen. Einige dieser Projekte werden hier vorgestellt.

Briefe zwischen Guatemala und Deutschland: Eine Familienkorrespondenz aus der Zeit des Nationalsozialismus (1935-1939)

Laufzeit01.11.2023 - 31.10.2025
KoordinationDr. Ricarda Musser
Förderer

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Auswahl

1. Projektgruppe

WissenschaftlerInnen

MitarbeiterInnen des IAI

  • Toni Matzdorf   
  • Christina Billand   
  • Ariane Herms   

top

2. Kurzbeschreibung

Ausgangslage

In Jahre 2017 erwarb das IAI einen Nachlass, der aus ca. 350 Briefen und Postkarten und einem Fotoalbum besteht. Die Objekte stammen aus dem Besitz von Carlos Becker, der 1935 als 18jähriger aus Guatemala, wo seine Familie lebte und er geboren worden war, nach Hamburg kam, um eine Berufsausbildung zu absolvieren. 

Carlos Becker war der Empfänger dieser Briefe und Postkarten. Fast alle diese Objekte erhielt er von seinen Eltern, Geschwistern und Freunden aus Guatemala zugeschickt; einige wenige stammen von anderen Mitgliedern seiner Familie und Bekannten in Deutschland. Ein Teil der Korrespondenz aus Guatemala liegt in spanischer, ein anderer Teil in deutscher Sprache vor. Auch Wechsel in der Sprache innerhalb eines Briefes sind häufiger zu finden, ebenso Briefe, die sich aus Textteilen mehrerer Verfasser:innen zusammensetzen. Der erste Brief des Konvoluts ist auf den 15. Juli 1935 datiert, der letzte stammt vom 14. September 1939.

Die Briefe und Postkarten, die Carlos Becker nach Guatemala verschickte, liegen nicht vor. 

Das Fotoalbum scheint Carlos Becker mit einigen Fotografien seiner Familie bereits aus Guatemala mitgebracht zu haben. Er ergänzte es um Fotos, die seine Familie der Korrespondenz an ihn beilegte und um Fotos, die in seinem neuen Lebensumfeld in Hamburg entstanden.  

Schon vor dem Ersten Weltkrieg lebten circa 1.000 Menschen, die aus deutschsprachigen Territorien stammen, in Guatemala. Ein großer Teil von ihnen war in der Landwirtschaft tätig, wobei der wichtigste Wirtschaftszweig der Kaffeeanbau war. Der Vater von Carlos Becker betrieb jedoch eine Bananenplantage und lieferte an die United Fruit Company. Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg nahmen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Familie Becker. Aufgrund des Militärdienstes, den Carlos Becker in Deutschland nach Beendigung seiner Ausbildung absolvierte, verlor er seine guatemaltekische Staatsangehörigkeit. Eine Rückkehr nach Guatemala war damit erschwert und der letzte Brief des Konvoluts drückt die Besorgnis des Vaters nach dem Verbleib von Carlos Becker aus, da der Kontakt unterbrochen war.

In den Briefen der Familie Becker aus Guatemala wird vom Alltag in der sogenannten „deutschen Kolonie“, von den wirtschaftlichen Erfolgen und Misserfolgen, sowie von Zukunftsplänen berichtet. Auch das politische Geschehen in Deutschland und in Guatemala erfährt in den Briefen ausführlich Erwähnung. Ein weiteres wichtiges Thema der Briefe sind Fragen der multiplen Identitäten und Zugehörigkeiten zwischen zwei Kontinenten (u.a. unterschiedliche Sprachen, kulturelle Praktiken und Normen, Repräsentationen). Hier bestehen interessante Bezüge zu gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika.  

Das Briefkonvolut und das Fotoalbum bilden die Grundlage des Forschungsprojektes.

Ziele

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit dem Ansatz der Mikrohistorie neue Erkenntnisse über die Wahrnehmung und die Auseinandersetzung deutschsprachiger Migrant:innen in Guatemala mit dem Nationalsozialismus und zu Fragen der Identität zwischen zwei Kontinenten zu erlangen. Damit soll insgesamt ein Beitrag zur Erforschung historischer Migrationsprozesse und der Rückbindung von Migrant:innen an ihr Herkunftsland geleistet werden. Dabei werden auch die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika aufgegriffen. 

Arbeitsplan

11/23 - 02/24 Transkription der Briefe und Postkarten

03/24 - 04/24 Einarbeitung in die Software ediarum

05/24 - 02/25 Recherchen in Archiven und Bibliotheken, Systematisierung und Analyse der Information mit dem Ziel der wissenschaftlichen Kommentierung und Kontextualisierung der Briefedition, Erstellung des Kommentarapparats, Identifikation und Einwerbung von einführenden wissenschaftlichen Beiträgen für die gedruckte und elektronische Ausgabe der Edition

03/25 - 05/25 Endredaktion des Manuskripts

06/25 - 09/25 Vorbereitung eines wissenschaftlichen Kolloquiums, Teilnahme mit Vorträgen zum Projekt an nationalen und internationalen Tagungen 

10/25 Durchführung eines virtuellen wissenschaftlichen Kolloquiums zur historischen transatlantischen Migration mit Wissenschaftler:innen aus Lateinamerika und Europa und Präsentation der wissenschaftlichen Edition der Briefe

Meilensteine

- Präsentation der Ergebnisse des Projektes auf der 70. Jahrestagung der SALALM (Seminar on the Acquisition of Latin American Library Materials) 2025 und dem 55. Deutschen Historikertag 2025

- Publikation der wissenschaftlichen Edition des Briefkonvoluts in virtueller und konventioneller Form

- Durchführung eines virtuellen wissenschaftlichen Kolloquiums mit Teilnehmer:innen aus Lateinamerika und Europa zu Fragen der historischen Migration und Identität zwischen Deutschland und Zentralamerika

Zu erwartende Ergebnisse

Die Edition der Briefe der Familie Becker leistet aus der Perspektive der mikrohistorischen Forschung einen Beitrag zur Geschichte der Migration und Remigration im 20. Jahrhundert zwischen Deutschland und Guatemala. Bei der Forschung zu biographisch orientierten historischen Migrationsprozessen zwischen Deutschland und Lateinamerika standen die Länder Zentralamerikas bislang selten im Zentrum der Untersuchungen. Das Projekt wird hierzu neue Erkenntnisse liefern.  

Die Publikation, die Präsentation der Ergebnisse auf nationalen und internationalen Tagungen, sowie die Durchführung eines virtuellen Kolloquiums werden das Quellenmaterial bekannt machen, zu interdisziplinären Diskussionen anregen und neue Kooperationen fördern. 

Laufende Projekte

Rolle der Drittmittel für das IAI

Konsolidierung einer postklassischen Plattform in Dzehkabtún, Campeche. © IAI, 2013 Postklassische Plattform © IAI, 2013

Drittmittel sind ein wichtiges Instrument zur Stärkung und Weiterentwicklung der Kernbereiche des IAI – Bibliothek, Forschung und Kultur – und für die nationale und internationale Vernetzung des Instituts. Wir führen ein breites Spektrum an Drittmittelprojekten durch. Darunter sind z.B. der Fachinformationsdienst „Lateinamerika, Karibik und Latino Studies“, die formale Erschließung und wissenschaftliche Bearbeitung von Nachlässen, sozial- und geisteswissenschaftliche Forschungsprojekte und die Durchführung von internationalen Tagungen. Einige dieser Projekte werden hier vorgestellt.



2021 || Ibero-Amerikanisches Institut Preussischer Kulturbesitz
http://www.iai.spk-berlin.de/