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Phillipi, Bernhard Eunom (1811-1852)

Bernhard Eunom Philippi (1811-1852) gilt als Initiator für die deutschen Einwanderung nach Südchile. Nachdem er bereits als einfacher Matrose (1831) und später als Steuermann (1838) Chile im Auftrag der Königlich Preußischen Seehandlung besucht hatte, hielt er sich von 1841 – 1847 mit kurzen Unterbrechungen im Lande auf. Auf seinen Reisen durch das Land entdeckte er Gebiete am Lago Llanquihue, die nach seiner Auffassung eine besondere Eignung für die Ansiedlung von Kolonisten aufwiesen. Auf seinen Berichten über diese Reisen, die er u.a. auch an die chilenische Regierung verschickte, wies er auf diese mögliche Kolonisierung hin. Seine weiteren Aktivitäten wurden von diesem Plan bestimmt. Nachdem er im Jahr 1843 eine Expedition zur Magellan-Straße begleitet, die das Gebiet für die chilenische Regierung in Besitz nehmen sollte und auf der er in Verhandlungen mit einer Gesandtschaft aus Frankreich, die das Gebiet ebenfalls in Besitz nehmen wollte, sein diplomatisches Geschick bewiesen hatte, nutzte er sein neues Ansehen bei der chilenischen Regierung, um seine Pläne für die Besiedlung des Gebietes um den Lago Llanquihue voranzutreiben. Nachdem Versuche mit privaten Geldgebern gescheitert waren, erhielt er 1848 von der chilenischen Regierung den Auftrag zur Anwerbung katholischer deutscher Familien.
Zu diesem Zweck kehrte Philippi nach Deutschland zurück, wo er bei der Auswahl geeigneter Kolonisten mitwirkte und Werbeschriften mit nützlichen Landesinformationen verfasste. Unterstützung bekam er dabei von seinem Bruder Rudolph Amandus Philippi (1808 – 1904), der 1853 einen Lehrstuhl für Botanik und Zoologie in Santiago de Chile erhielt und dort auch maßgeblich am Aufbau eines Botanisches Gartens mitwirkte. Die Versuche zur Anwerbung katholischer Einwanderer aus Deutschland scheiterten jedoch am Widerstand der Bischöfe von Paderborn und Fulda, was zur Folge hatte, dass statt Angehörigen der katholischen Konfession nur protestantische Auswanderer angeworben werden konnten. Diese wurden einer strengen Auswahl unterzogen und als entscheidendes Kriterium mussten sie den Nachweis eines erlernten Handwerks erbringen, das neben der Bereitschaft zur agrarischen Bewirtschaftung des neuen Siedlungsraums als überlebenswichtige und wirtschaftliche Grundlage gesehen wurde.
Als Philippi 1852 nach Chile zurückkehrte, war die ihm zugedachte Stelle als Kommissar der deutschen Kolonie jedoch bereits mit Vicente Pérez Rosales besetzt worden, wofür die Tatsache, dass er keine katholischen Siedler anwerben konnte, den Ausschlag gegeben haben könnte. Stattdessen bot ihm die Regierung von Chile die Verwaltung der Provinz Magallanes an. Bereits im Oktober 1852, kurz nach der Übernahme seines neuen Amtes, starb Philippi. Als er versuchte, die ausgebrochenen Unruhen zwischen Siedlern und Indianern diplomatisch beizulegen, wurde er auf einer Reise ins Landesinnere, unweit von Punta Arenas überfallen und ermordet.
Das Ibero-Amerikanische Institut ist im Besitz eines kleinen Teiles des Nachlasses der Brüder Philippi. Es handelt sich um Dokumente, die nach dem Tod Bernhard Eunom Philippis in den Besitz des Bruders übergegangen waren und später vermutlich Eigentum der Familie Schwarzenberg waren. Teile der Dokumente sind durch den Biographen Jean-Pierre Blancpain um 1970 in Chile eingesehen und veröffentlicht worden, der Großteil des Nachlasses ist jedoch noch nicht aufgearbeitet worden. Der Nachlass besteht aus 249 handschriftlichen Schriftstücken (Briefe, Aktenstücke, Urkunden, Rechnungen, Eingaben von Siedlern, Notizen) und einem Manuskript und stellt vor allem eine bedeutende Quelle für die Forschung über die frühe deutsche Einwanderung nach Chile, aber auch über die Biographien der Brüder Philippi oder die wissenschaftlichen Netzwerke von Rudolf Amandus Philippi dar.



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